Haftstrafe für eine Ohrfeige beim Brausen

296039_web_R_by_Tina Gössl_pixelio.deEs gab ein wohl kleines Missverständnis unter der Gemeinschaftsdusche in der JVA Moabit. Das führte zu einer Ohrfeige. Fast ganz ohne körperliche Folgen. Einfach klatsch und gut.

Trotzdem:
Die Staatsanwältin (die Medienberichten zufolge angeblich nicht mit unter der Dusche gestanden haben soll) warf dem Häftling eine Straftat vor: Vorsätzliche Körperverletzung. Eine „Gewalttat“ (Hört! Hört!) die bestraft werden muß. Unbedingt.

Die Richterin (ebenfalls insoweit ungeduscht) stimmte der Gewalttatverfolgerin zu. Und verurteilte den Geduschten zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten. In Worten: 6 Monate für eine Backpfeife. Ohne Bewährung!

Ich bin mir ziemlich sicher, daß diese Rechtsfolge einer Auseinandersetzung zwischen zwei Knackis einer Überprüfung durch das Landgericht nicht standhalten dürfte. Szenetypische Umgangsformen gehören einfach nicht in dieser Art sanktioniert.

Dennoch:
Den Verurteilten wird diese Haftstrafe nicht weiter jucken. Er sitzt ohnehin in Untersuchungshaft, wahrscheinlich auch noch in den nächsten sechs Monaten. Nach 88 Hauptverhandlungsterminen ist in dem Wettbüro-Mord-Prozess vor dem Landgericht Berlin nämlich noch kein Ende abzusehen.

Das bedeutet:
Die Untersuchungshaft wird „unterbrochen“ für die Dauer der sechsmonatigen Freiheitsstrafe. Da ändert sich zunächst nicht viel. Der Gefangene muß nur damit rechnen, am Ende dann insgesamt sechs Monate später entlassen zu werden. Bei einer lebenslangen Freiheitsstrafe, die in dem Mordverfahren zur Rede steht, fallen die 6 Monate aber auch nicht sonderlich ins Gewicht.

Und doch:
Das Urteil erscheint mir völlig überzogen. Das meint auch – wenn auch unausgesprochen – das Rockerportal.

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Bild: © Tina Gössl / pixelio.de

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Eine Antwort auf Haftstrafe für eine Ohrfeige beim Brausen

  1. 1
    RA Anders says:

    Die Staatsanwaltschaften scheinen zu meinen, daß Straftaten im Knast aus generalpräventiven Gesichtspunkten verfolgt und scharf bestraft werden müssen.
    Mein Mandant war wegen eines Trittes in Richtung eines am Boden sitzenden Häftlings wegen gefährlichen Körperverletzung angeklagt.
    Weil er sich unkooperativ zeigte, mußten Zeugen geladen werden.
    Vor Ende des Verfahren kam er auf Reststrafe raus und wurde schließlich wegen Körperverletzung zu 30 Tagesätzen verurteilt.
    Das Verfahren hat den Steuerzahler ca. 3000€ gekostet, weil ich der Pflichtverteidiger war.
    Das hätte ma einfacher und billiger haben können, weil das Ziel von Anfang an eine Verurteilung wegen Körperverletzung (ohne gefährlich) war.
    Aber generalpräventiv war das Verfahren auf jeden Fall!